Ich liebe Pferde! Ich möchte fast sagen, schon immer habe ich Pferde geliebt. Es fing an mit Pferdebüchern, ging weiter mit Besuchen beim Pflegepony meiner besten Freundin, dann, mit zehn Jahren, durfte ich zum Reitunterricht. Wir lernten im FS Reitzentrum in Reken eine andere Art des Reitens und der Haltung kennen, meine Eltern wurden auch angesteckt und, oh Wunder, wir bekamen ein Pferd! Das hätte ich damals nie für möglich gehalten. Seitdem begleiten mich Pferde (mit kurzen Unterbrechungen) durch mein Leben.
Dabei machen sie viel Arbeit, kosten eine Menge Geld, ich trage eine große Verantwortung für ihr Wohlergehen und ich reite nur selten. Aber sie bereichern mein Leben ungemein, ich gehe sogar so weit zu sagen, dass ich ihnen mein Leben verdanke.
Als ich das Gefühl hatte, mich an den Rändern aufzulösen, gar nicht mehr Ich zu sein, aufgerieben zwischen den Anforderungen des Alltags mit zwei kleinen Kindern und meinen eigenen, hohen Ansprüchen, da waren die „erzwungenen“ Auszeiten im Pferdestall sehr, sehr wichtig für mich. Es war und ist auch stressig, keine Frage, aber die Pferde erinnern mich ständig daran, wer ich bin und was mir wichtig ist. Sie bescheren mir täglich viele kleine und große Glücksmomente, wenn ich rausschaue und sie beobachte beim Fressen, Schlafen, Spielen, Toben, wie der Regen auf sie fällt oder die erste Frühlingssonne ihr Fell wärmt, wenn sie mich mit einem Brummeln begrüßen oder ihren warmen Atem in den Nacken pusten.
Für mich ist das unbezahlbar und ich bin sehr dankbar, dass mein Mann bereit war (und ist), mit Pferden zu leben.
Schönheit der Pferde
Es ist denkbar einfach: Ich finde Pferde schön! Die großen, sanften Augen, die spitzen Ohren, mal klein, mal groß, mal puschelig, die sich wie Antennen drehen und gleichzeitig Stimmungsbarometer sind; lange Mähnen und Schweife, die im Wind wehen, Nüstern, die sich weiten, wenn die Pferde einen Geruch wahrnehmen oder einschätzen wollen, ob etwas gefährlich ist oder nicht; sehnige Beine, die Geschwindigkeit und Kraft verheißen, Muskelpakete an Brust und Hinterhand (Po, für die Laien); diese kleine Falten an den Nüstern und Lippen, wenn ihnen etwas nicht passt; die langen Tasthaare an Augen und Nase, die so kitzeln, wenn die Pferd uns beschnuppern, und manche Pferde haben so unglaublich bewegliche Lippen! Faszinierend.
Der Anblick von Pferden auf der Weide ist für mich unvergleichlich schön! Wenn ich morgens Früh rauskomme und sich der Nebel sanft über die Natur gelegt hat wie ein Zaubertuch und die Pferde wie Fabelwesen wirken, das ist ein wunderbarer Start in den Tag, sie abends zu versorgen und ihnen „Gute Nacht“ zu sagen ist fester Bestandteil meines Abendrituals.
Ruhe
Meine Mutter hat vor langer Zeit mal gesagt, wie schön es ist, abends nach getaner Arbeit den Pferden beim Fressen zuzuschauen und dem gleichmäßigen Kauen zu lauschen. Friedlich fressende Pferde wirken irgendwie beruhigend; viele Menschen sagen, dass sie sich auf undefinierbare Weise zu Pferden hingezogen fühlen, obwohl manche dieser Menschen sogar Angst vor Pferden haben.
Ein ausgeglichenes Pferd ruht in sich selbst. Emotionen sind ansteckend, und so wie die Pferde auf unsere (auch unbewussten und unerkannten) Gefühle reagieren, so werden wir auch ruhiger, wenn wir in der Gesellschaft von ruhigen Pferden sind.
Ihr werdet es vielleicht kaum glauben, aber auch die Arbeiten am Stall können einen meditativen Charakter haben, wie zum Beispiel das Pferdäpfel einsammeln auf der Pferdeweide. Dabei kann ich richtig entspannen, ich bin körperlich beschäftigt, aber mein Geist hat die Gelegenheit, sich zu entfalten.
Mit zwei Kindern, Ehemann, Job, Haus und Garten sind mir diese Ruhe-Inseln sehr viel wert!
Offenheit
Die Pferde begegnen uns Menschen mit einer unglaublichen Offenheit. Sie sind kontaktfreudig und nehmen uns, wie wir sind, völlig urteilsfrei. Weder ein dickes Konto noch ein toller Studienabschluss interessieren sie, kein Doktortitel und keine Äußerlichkeiten. Es ist ihnen egal, welche Kleidung Du trägst, wen Du liebst oder welches Geschlecht Du hast. Sie urteilen nicht, sondern nehmen an, was gerade ist: wenn ich keine Zeit habe oder nicht in der Stimmung bin, ihrem Wunsch nach Streicheleinheiten nachzukommen, sind sie nicht beleidigt oder fragen sich, ob ich sie überhaupt noch mag. Sie sind auch nicht nachtragend, weil ich sie gestern nicht lang genug geputzt habe oder schon seit einigen Tagen wenig Zeit habe.
Sie sind einfach offen für das, was in diesem Moment ist – und erinnern mich daran, dass ich auch so sein möchte.
Achtsamkeit
Ganz in diesem Moment zu sein, das ist Achtsamkeit. Die Pferde sind „von Natur aus“ achtsam. In der freien Wildbahn hätten sie ein ziemlich kurzes Leben, wenn sie in Gedanken in der Vergangenheit oder der Zukunft verweilten, oder bei irgendwelchen vermeintlichen Problemen. Was zählt ist das Jetzt: Was macht die Herde? Gibt es Gefahren? Die eigene Wahrnehmung zu überhören ist für ein Wildtier tödlich.
Davon sind wir Menschen in der Regel weit entfernt. Wir ignorieren unsere Gefühle und Bedürfnisse, weil es so gelernt haben: Schon ein kleines Kind nimmt wahr, welche Verhaltensweisen Zustimmung und damit Fürsorge einbringen und welche nicht. Später kommt dazu, das man dieses und jenes nicht tut, in der Öffentlichkeit nicht weint, dass Ärger ein „schlechtes“ Gefühl ist und dass Eigenlob stinkt. Irgendwann nehmen wir vieles gar nicht mehr wahr: Die Frage, was ICH eigentlich will, ist oft sehr schwer zu beantworten für mich.
So funktioniert es aber mit meinen Pferden nicht: wenn ich zum Beispiel bei meinem Großen die Hufe bearbeite und mich meiner Frustrationsgrenze nähere, mir aber selber einrede, ich wär ja so schön ruhig, dann wird die Situation immer schlimmer. Versuche ich ihn zu longieren, und meine Gedanken schweifen ab, dann dauert es keine 5 Sekunden, und mein Pferd verabschiedet sich auch.
Achtsamkeit, mich auf eine Sache zu fokussieren, ohne mich ablenken zu lassen, ganz bei mir bleiben, das fordern die Pferde immer wieder ein.
Übrigens, dazu habe ich eine sehr schöne Erklärung gefunden: Was ist Achtsamkeit?
Freiheit
Freiheit erfahre ich mit den Pferden auf verschiedene Weisen:
Zum einen habe ich die Freiheit, ganz ich selbst zu sein. Ich brauche keine Ansprüche und Erwartungen zu erfüllen, nicht vormachen, dass ich mich über irgendwas freue oder dass es mir gut geht, obwohl ich gerade das Gefühl habe, mich aufzulösen. Ich muss keine Rolle ausfüllen (Mutter, Ehefrau, Tochter, große oder kleine Schwester, …) und habe Luft und Zeit zum Denken, zum Bewusst-werden.
Zum anderen ist es ein unbeschreibliches Gefühl, mit Pferden in der Natur unterwegs zu sein, zu Fuß oder reitend. Es ist…na ja, eben unbeschreiblich! Der Wind weht um die Nase und die Sorgen aus dem Kopf.
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